Literaturwissenschaftliche Grundbegriffe in der Netzwerkgesellschaft

Die Bedeutung zentraler Grundbegriffe und Konstellationen der Literaturwissenschaft wie zum Beispiel ‚Werk‘, ‚Autorschaft‘, ‚Leser*in‘, ‚Kontext‘ oder ‚Close Reading‘ steht unter den Bedingungen der Digitalisierung und der Sozialen Medien in Frage. Neue Begriffe und Konzeptionen wie ‚Netzwerk‘, ‚Leser-Autor*innen‘, ‚Meme‘, ‚Plattform‘ oder ‚Distant Reading‘ die teilweise in anderen disziplinären Zusammenhängen entwickelt worden sind, finden Eingang in den literaturwissenschaftlichen Diskurs. Es ist eine wichtige Aufgabe der Netzliteraturwissenschaft, etablierte sowie neue Begriffskonzepte kritisch zu überprüfen, zu klären und die erkenntnisfördernden Kategorien der literaturwissenschaftlichen Forschung zu aktualisieren.

Dabei rückt natürlich zunächst die Frage nach dem Literaturbegriff und der ‚Literarizität‘, also dem „Gegenstand der Literaturwissenschaft“ (Mirco Limpinsel, 2016) ins Zentrum. Etwas anders, aber ebenfalls grundsätzlich fragt Hanna Engelmeier 2007: „Was ist die Literatur in ‚Digitale Literatur‘?“. Aber auch die für die Literaturwissenschaft zentralen Begriffe des Werks (wird es zu einem Netzwerk?) und der Autorschaft (wird sie multipel?) wandeln sich, wie Julia Nantke zeigt. Die „Notwendigkeit veränderter Lesekonzepte“ wird in der Buchwissenschaft gesehen: Man müsse von objektzentrierten Perspektiven auf das Medium Buch hin zu einem Verständnis von Lesemedien als flexiblen Eigenschaftsbündeln gelangen (Axel Kuhn, Svenja Hagenhoff 2017). Literarische „Rezeptionsprozesse in der digitalen Gegenwart“ (hg. v. Böck u.a., 2017) sowie vielfältige Frage des digitalen, vernetzten Lesens werden im DFG-geförderten „Netzwerk Leseforschung“ (initiiert von Simone C. Ehmig, Svenja Hagenhoff und Ute Schneider) untersucht; Gerhard Lauer hat zum Thema „Lesen im digitalen Zeitalter“ (2019) bereits ein Grundlagenwerk vorgelegt.